Jubiläum – Blick zurück auf das alte Rosenheim
Rosenheim. Rosenheim ist ein Ort mit Geschichte. Am 29. August 1213, also fast auf den Tag genau vor 800 Jahren, wurde das damalige Cozenrode in einer Urkunde erwähnt, die dem im Siebengebirge gelegenen Kloster Heisterbach bestätigt, dass es Ländereien in Cozenrode besitzt, unterschrieben und besiegelt von Papst Innozenz III. und mit Unterschriften von acht Kardinälen. Der damalige Ortsbürgermeister und heutige Ehrenbürger Peter Hahmann hatte diese Urkunde Mitte der 1980er-Jahre im Staatsarchiv in Düsseldorf ausfindig gemacht. 1988 fand dann die große 775-Jahr-Feier statt. Und jetzt kann Rosenheim sogar „nullen“. Der 800. Geburtstag wird am Wochenende ganz groß gefeiert.
800 Jahre ist eine stolze Zahl. Etwas mehr als ein Zehntel dieser Zeitspanne hat Peter Hahmann (82) die Geschicke seiner Heimatgemeinde begleitet, die noch Kotzenroth hieß, als er das Licht der Welt erblickte. Das Dorfleben war damals ganz anders als heute. Die Kinder gingen im Ort zur Schule. „Während des Krieges waren 70 bis 80 Kinder in einer Klasse – bei einem Lehrer“, erzählt Hahmann. Dass es so viele Kinder gab, darf nicht verwundern, denn die Familien waren früher viel größer als heute. „Sie hatten fünf bis zehn Kinder“, erzählt Hahmann, der selbst sieben Geschwister hat. Die Kotzenrother Schule wurde in den 1960er-Jahren geschlossen. Heute gehen die Rosenheimer Kinder in Malberg zur Schule. Umgekehrt ist es bei den Kindergartenkindern. Die Malberger besuchen den Kindergarten in Rosenheim.
Auch im Arbeitsleben hat sich vieles gewandelt. „Der Ort war landwirtschaftlich geprägt. Die Männer haben als Bergleute oder im Steinbruch gearbeitet“, erzählt Hahmann. Als Nebenerwerbslandwirte hatten sie auch nach der harten Arbeit noch nicht Feierabend. Sie bestellten die Felder und kümmerten sich ums Vieh. „Jeder hatte mehrere Kühe, die auch als Zugtiere für die Getreidewagen dienten“, erinnert sich Hahmann. „Je nach Familiengröße wurden zwei bis drei Schweine gefüttert, die dann geschlachtet wurden.“ Im Winter haben die Männer Besen hergestellt. „Das waren Birkenreiser, die wurden mit der Witt gebunden.“
Supermärkte so wie heute gab es nicht. Für das tägliche Brot mussten die Menschen selbst sorgen. Hahmann erinnert sich noch gut: „Im Dorf gab es zwei Backesse, einige Familien hatten einen eigenen Backes im Haus.“ Es wurde jedes Mal so viel Brot gebacken, dass es für zwei Wochen reichte. Für die Benutzung des Backes wurden jeweils Termine vergeben. Schanzen – die Astbündel zum Anheizen des Backes – musste jeder selbst mitbringen. Vor allem im Winter konnte das sehr mühsam sein. „Wenn im Winter gebacken wurde, war der Backes kalt. Wer als erstes backte, brauchte ziemlich viele Schanzen.“
Die Dorfgemeinschaft musste in den früheren Zeiten funktionieren. „Jeder war auf den anderen angewiesen“, sagt Hahmann. Bei der Getreideernte, beim Dreschen, Heumachen oder Kartoffelroden und bei vielen anderen Tätigkeiten half man sich gegenseitig. Und niemand hat sich in seinem Haus abgeschottet. „Früher war keine Haustür abgeschlossen, nur zwei oder drei Häuser hatten eine Klingel.“
Als Hahmann ein Kind war, wurden die Zeiten nach und nach moderner. Das erste Auto im Ort fuhr Mitte der 30er-Jahre. Davor hatten einige Bewohner schon Motorräder. Bereits in den 20er-Jahren war Kotzenroth an das Telefonnetz angeschlossen, wenn es auch im Ort nur zwei Apparate gab. „Einer stand beim Pfarrer, einer bei der Post“, weiß Hahmann.
Und was hat sich im Dorfleben in all den Jahren geändert? „Die Familien sind alle kleiner geworden“, stellt Hahmann fest. Und die meisten Bewohner sind tagsüber zur Arbeit weg, die Gemeinschaft muss mehr gepflegt werden. Man trifft sich in den Vereinen, von denen es in Rosenheim einige gibt: Gesangs- und Sportvereine, die Kirmesjugend, die freiwillige Feuerwehr und die katholische Frauengemeinschaft.
„Das Dorf lebt von und mit den Vereinen. Ein Dorf, wo keine Vereine sind, ist tot“, meint Hahmann. Angesichts der großen 800-Jahr-Feier, die das Dorf mit vereinten Kräften auf die Beine stellt, kann er eigentlich sicher sein: Rosenheim gehört auch mit 800 Jahren noch lange nicht zum alten Eisen, sondern ist jung und lebendig wie eh und je. (Quelle: Rhein-Zeitung vom 13.08.2013 / Text: Ulrike Fritscher).