EU-Pläne: Innenminister wendet sich gegen europaweite Ausschreibung – Niedrigere Löhne?
Rheinland-Pfalz. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hat sich gegen eine europaweite Ausschreibung des Rettungsdienstes ausgesprochen. Dies sieht eine neue EU-Richtlinie vor. Sollte die EU-Kommission diese Reform tatsächlich beschließen, müsste laut Lewentz im Zweifel der günstigste Anbieter genommen werden. „Aber gerade in solch sensiblen Bereichen der Daseinsvorsorge darf nicht gelten: Der Billige ist immer der Beste“, sagte Lewentz. Die Folge wären höhere Kosten für die Steuerzahler bei gleichzeitig geringerer Einsatzstärke der Rettungsdienste, befürchtet der Minister.
Auch die für die Finanzierung der Rettungsdienste zuständigen Krankenkassen sehen keinen Reformbedarf, sagte Lewentz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern der im Land aktiven Hilfsorganisationen Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Malteser Hilfsdienst, Johanniter-Unfall-Hilfe und Arbeiter-Samariter-Bund. Das DRK hatte in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr 850 000 Rettungsdiensteinsätze. Kostenpunkt: 150 Millionen Euro. Das seien umgerechnet nur etwa 32 Euro die Stunde. „Nicht von ungefähr haben die Krankenkassen als Kostenträger daran überhaupt nichts zu meckern“, sagte Lewentz.
„Wir müssen dieses System erhalten“, forderte der Präsident des Malteser Hilfsdienstes, Constantin von Brandenstein-Zeppelin. Anderenfalls wäre die enge Verzahnung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz nicht aufrechtzuerhalten. Die Hilfsorganisationen fürchten, dass es im Fall einer Vergabe von Konzessionen an Privatunternehmen kaum noch möglich wäre, das Netz vieler Tausend ausgebildeter, ehrenamtlicher Rettungshelfer für den Fall von Großeinsätzen zu erhalten.
Rainer Kaul, Präsident des DRK-Landesverbands und Landrat in Neuwied (SPD), warnte davor, die Versorgung ländlicher Räume könne durch die Reform Schaden nehmen. Lediglich in größeren Ballungszentren wie Mainz, Koblenz oder Ludwigshafen könnte die Übernahme des Rettungsdienstes für ein privatwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen lohnend sein. Private könnten günstigere Preise nur anbieten, weil sie anders als die Hilfsorganisationen ihre Mitarbeiter nicht nach Tarif bezahlten, sondern teilweise unter der Mindestlohngrenze blieben, warnte Günther Lohre, Landesvorstand der Johanniter.
Derzeit übernehmen Hilfsorganisationen im Land den Rettungsdienst, zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Johanniter. Das regelt ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. „Nur wenn diese nicht in der Lage sind, die Aufgaben vor Ort zu erfüllen, kommt eine Übertragung an Private in Betracht“, sagte Lewentz.
Stolz verwies der Sozialdemokrat darauf, dass das Land bundesweit die meisten ehrenamtlichen Helfer hat. „Die ehrenamtlichen Katastrophenschützer profitieren von den hauptamtlichen Rettungsdienstlern“, ergänzte Kaul.
FDP-Landeschef Volker Wissing warf Lewentz indes „politische Bockigkeit“ vor. Es sei Aufgabe des Ministers und der Landesregierung, das Vergabeverfahren EU-konform zu organisieren. (Quelle: Rhein-Zeitung vom 15.01.2013 / Text: dpa)